10 Jahre »kukikblog«  

Am 18. Februar 2013 erschien mein erster Beitrag unter dem Titel „Kunst und Kitsch im Kirchenlied“, dessen Anfangsbuchstaben meinem Blog den Namen gaben. Mein Vater hatte 1938 einen Artikel veröffentlicht, dessen Überschrift „Kunst und Kitsch im deutschen Kirchenlied“ mir auch inhaltlich zum Vorbild wurde. In den vergangenen zehn Jahren konnte ich 131 Beiträge posten, die meisten davon vorzugsweise am Ersten eines Monats. Auf die unterschiedlichen Reaktionen meiner Followers war ich sehr gespannt. Drei Beispiele: Die absolut höchste Quote mit 43.127 Aufrufen brachte „Stern über Bethlehem“ (300 p. M.), was mich besonders freute. Zum einen war es ein Beitrag, indem ich nichts zu kritisieren hatte, zum anderen liebte einer meiner Enkel dieses Lied damals heiß und innig. „Segne du, Maria“ ist ein Produkt der Corona-Zeit, das 155 p. M. erreichte. „Segne dieses Kind – in Moll oder in Dur?“ wurde in einer kleinen Kirche am Hochrhein „geboren“ und brachte 97 p. M. Wie geht es weiter? Da ich mich von WordPress verleiten ließ, für zwei Jahre vorauszubezahlen, ist diese Frage bereits geklärt.

Mit einer neuen Gesamtliste aller Beiträge grüße ich alle Leser meines Blogs.

Anton Stingl jun.

TitelSchlagwörterGLediert
Ich lobe meinen Gott (GL 400)EG 272, Claude Fraysse, Alain Bergèse, Gitta Leuschner, Ohrwurm4002023-02-01
Heilig, heilig lasst uns singen (GL Bamberg 732)Sanctus, Martin Lonquich732 (Bamberg), 735 (Würzburg), 736 (Regensburg), 711 (Essen)2023-01-01
Christus, du Herrscher Himmels und der Erde (GL 370)Sapphische Strophe, Johann Crüger, Reiner Schuhenn, Vinzenz Stebler3702022-11-20
Jeden Morgen geht die Sonne aufKarl Marx, Fünfheber, Hermann Claudius 2022-11-01
Guter Text sucht passende MelodieJesus Christus, Grüssau, Georg Thurmair3662022-10-02
Der jambische Fünfheber in KirchenliedernLothar Zenetti, Kurt Grahl, Günter Balders, Dietrich Bonhoeffer, Siegfried Fietz, Huub Oosterhuis, Hermann Kurzke, Christoph Bächthold422, 430, 775 (Freiburg/ Rottenburg-Stuttgart), 548, 91, EG 652022-06-06
Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen (GL 452)Dietrich Bonhoeffer, Sigfried Fietz, Helmut Schlegel, Thomas Gabriel Winfried Heurich, Zauberflöte, Kurt Krahl4522022-06-01
Das Fatima-LiedIm Märzen der Bauer, Am dreizehnten Maien 2202-05-15
Lourdes-LiedIm Märzen der Bauer, O Vierge Marie895 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart), 885 (Speyer)2022-05-01
Nein, Danke, Kurt PalmDanke für diesen guten Morgen 2022-03-28
Wie der Himmel klingt – Wie klingt er denn?Gregorianischer Choral, Rorate coeli, Christus factus est, Halleluja von Ostern, Salve regina 2022-03-05
Ich steh an deiner Krippen hier – Liedtempo!J. S. Bach, Martin Luther, Johann Crüger, Klugsches Gesangbuch, Weihnachtsoratorium, Schemelli-Gesangbuch2562022-02-06
„Drei Kön’ge“ contra „Morgenstern“Peter Cornelius, Otto Nicolai, Wie schön leuchtet der Morgenstern3572022-01-09
Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blühtKurt Grahl, Elisabeth, Claus-Peter März, Rosenwunder4702021-12-01
Jesus Christ, you are my lifeMarco Frisina, Heilig, heilig bist du, Michael Schanze 1, 2 oder 3, Klaus Lohrbächer, Weltjugendtag 2000262, 744 (Freiburg/ Rottenburg-Stuttgart)2021-11-01
Requiem aeternam – Gesang für alleGotteslob, Gregorianischer Choral5122021-10-01
Ich bin der WeinstockHildegard Enders-Karner, Erstkommunion827 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart)2021-09-01
Hilf, Herr, Dieter BohlenNeue Geistliche Lieder, Hilf Herr meines Lebens, Cheri Cheri Lady, Modern Talking4402021-08-01
Wiederholung ohne BerichtigungSWR2 Lied zum Sonntag, Bernard Huijbers, Tom Löwenthal 2021-07-18
Und wann kommt der Choral?Lied zum Sonntag, Wachet auf, Schübler-Choral 2021-06-01
Glauben können wie duKonradsblatt, Marienlied 2021-05-23
Nun jauchzt dem Herren, alle WeltDomchor München, Projektchor Karlsruhe1442021-05-20
Lied zum SonntagAlbert Thate, BWV 6 2021-04-21
Wer leben will wie Gott auf dieser ErdeHub Osterhuis, Henri Coussemaker4602021-03-18
Andachtslied nach der KommunionRudolf Schäfer, Paul Konrad Kurz874 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart2021-02-01
Wie schön leuchtet der Morgenstern (GL 357)Philipp Nicolai, Barform, Stollen-Stollen-Abgesang3572021-01-04
Komm, du Heiland aller Welt (GL 227)Konradsblatt, Kirchenlied II, Meinrad Walter2272020-12-04
In dieser schweren ZeitFranz-Thomas Sonka, Norbert M. Becker 2020-11-29
Das Agnus Dei ist kein Lied!Lied zum Sonntag208, 2032020-10-25
Der Weg der Liebe   (1 Kor 13, 1‒13)Wenn ich alle Sprachen, Markus Pytlik 2020-09-13
Die kürzeste Geschichte des Gregorianischen ChoralsManfred Schneider 2020-08-13
Die Musik Jesu Beitrag 100Christ in der Gegenwart, Joseph Epping, Matthäus 11, Paul Claudel 2020-07-05
Spirituals oder Gospels?Konradsblatt, Johann Beichel, Mahalia Jackson 2020-05-21
Wunderschön prächtigeKonradsblatt, Johann Beichel, Christiane Schäfer833 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart)2020-05-07
Segne du, MariaKonradsblatt, Sonntagsandacht, Cordula Wöhler, Todtmoos, Horst-Wessel-Lied, Jennerwein, im deutschen Vaterlande5352020-05-02
Ein Haus voll Glorie …Konradsblatt, Johann Beichel, Power, Hymne4782020-04-20
Wie ein Fanfarenstoß?Konradsblatt, Meinrad Walter, Ostersequenz, Antiphonale Monasticum, Leisentritt3182020-04-13
Orgelmusik in der FastenzeitMichael Meuser, Sonntagshilfen 2020-03-26
katholisch.de: Die Fastenlieder im GotteslobJosef Seuffert, Fastenlieder, Bekehre uns vergib die Sünde, Kreuz auf das ich schaue266, 270, 272, 2742020-03-09
NEIN DANKE, ORLANDOMartin Gotthard Schneider, Danke für diesen guten Morgen, Olga Neuwirth, Catherine Filloux, Virginia Woolf, Wiener Staatsoper 2020-02-01
Adorna, Sion, thalamumAve naris stella, Abelard, Heloisa, Liber Hymnarius, Stundenbuch, Darstellung des Herrn, Mariä Lichtmess5202020-01-18
RorateAdvent, Maria530, 537, 527, 891 (Freiburg/ Rottenburg-Stuttgart)2019-12-07
In den Tagen des HerrnOrgelvertretung, Kehrvers, Parallelismus membrorum, Modalverb4802019-11-29
Der SonnengesangFranziskus5502019-10-13
Vier Liedanzeiger in drei TagenLiedanzeiger464,1-2+52019-09-01
Herr, die Schöpfung ist dein LiedLied des Monats, Elisabeth Schmitter, Antony Forster, Christ the Lord is risen again, John Rutter716 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart)2019-08-01
Herr, wir bringen in Brot und WeinHans Bernhard Meyer, Peter Jannsens, Innsbrucker Universitätsmesse, Priestergebete zur Gabenbereitung, Genderwahn, Walzertakt1842019-07-09
Seht, der Stein ist weggerücktLothar Zenetti, Kurt Grahl, Heinz Martin Lonquich, Karl Fink, Herbert Beuerle, Christian Hählke, Michael Hoppe, Franz-Josef Oestemer, Andreas Wittkopf, Walter Hirt766 (Aachen), 783 (Limburg), 812 (Mainz), 800 (Freiburg/ Rottenburg-Stuttgart)2019-06-01
Lobe den Herrn, meine SeeleNorbert Kissel838 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart)2019-04-15
Psalmenbuch für »Arme«Kehrvers, Antwortpsalm, Biblia pauperum, Kantor, steile Fügung, Psalmtonmodell4322019-04-01
Pfingsten in BautzenGregorianischer Choral, Semiologie, Bautzen, AISCGre, Pressus 2019-03-24
Wiederholungen im GotteslobTaizé, Brot das die Hoffnung nährt, Barock, Voltenklammer, Wiener Klassik382; 233: 378; 286; 618,2; 168,1; 685,1; 365; 154; 156; 394; 386;390; 657,6; 634,2; 321; 350; 246; 211; 460; 250; 472; 457; 259; 400; 413;437; 453; 5492019-03-01
Luja sog iAlleluia, Prosula174,62019-02-01
„Kirchenlied“ verbotenGotteslob, Magnificat, Kirchenlied, Anton Stingl sen., Conrad Gröber 2019-01-01
O Herr, wenn du kommst (GL 233)Kirchenlied II, Georg Thurmair, Die Lieder des Gotteslob, Helga Poppe, Kommen des Herrn, Party ohne Ende, Heimkehr, Adolf Lohmann2332018-12-01
Wissenschaft versus Glauben?Barbara Stühlmeyer, Krystian Skoczowski, Lux aeterna, Requiem aeternam, Semiologie, Solesmes, UNA VOCEGregorianischer Choral2018-10-01
Drei ö-LiederBewahre uns Gott, Bewahrung der Schöpfung, Die Lieder des Gotteslob, Gott gab uns Atem damit wir leben, La paz del Senor, Solang es Menschen gibt auf Erden425, 468, 4532018-09-01
Eine „Königin“ mit Imageproblem?Amelie Tautor, Christ in der Gegenwart, CiG, Daniel Stickan, Die Klangwelten einer Königin, Karl-Heinz Göttert, Michael Gerd Kaufmann, SWR2 ClusterOrgel2018-08-01
Verstörendes und eine PreisverleihungGodehard Joppich, Gregorianischer Choral, Jan-Eik Tulve, Vox ClamantisPreisträgerkonzert
für Godehard Joppich
2018-07-21
Fröhliche Lieder?Christ in der Gegenwart, Gregorianischer Choral, Introitus, Robert Vorholz, Zu Dir o Gott142, 477, EG 169 Ps 8, 2/32018-07-17
Ist Jesus Christus noch der Herr?Hinkmar, Walter Röder629,6
Phil 2, 6-11
2018-07-01
OsterschunkelnAlbert Höfer, Die Lieder des Gotteslob, Georg Thurmair, Kirchenlied IIKl II, 372018-06-01
Der Fall „Georg Thurmair“Georg Thurmair, Kirchenlied I, Kirchenlied II, Lieder des Gotteslob, O Licht der wunderbaren Nacht, Werkbuch zum Gotteslob, Wir sind nur Gast auf Erden455, 500, 487, 551, 271, 334, 505, 5292018-05-01
Missglückte BergtourKonradsblatt, Peter Gerloff, Richard Mailänder, Meinrad Walter, Tabor363, 3752018-04-01
Amen, wir glaubenFritz Schieri, GGB 2009, Glaubensbekenntnis, Josef Seuffert1782018-03-01
SeptuagesimaAbschied vom Halleluja, Chartres, Durandus, Fastenzeit, Sonntage vor Ostern176,2; 584,8; 175,22018-01-27
Ein Haifisch im II. ModusErscheinung des Herrn, Albert Höfer, Herr der Könige der Erde, SilvestergesprächeKirchenlied II, 152018-01-01
Mit NGLs zum ExitBrot und Wein, neue Wege, Requiem, Silja Walter, Symbolum 77, Umweltschutz456, 470, 468,
854 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart), 860 (Fr/Ro-Stu)
2017-12-01
Ein Halleluja für den BrexitAnglikanische Kirche, England, For all the saints, Herr mach uns stark, Tempo5222017-11-01
Komm, Herr, mach mich schlauEG 170, GL 451, H moll-Messe, Heinrich Schütz. Aaronitischer Segen, Komm Herr segne uns, Lachen und Weinen4512017-10-01
Gegen den StrichGraduale, Köln, Marienfrede, Oberrhein, Soest, St. GallenIllustrationen2017-09-01
Goldene HochzeitPeter Jansenss; Fintan O’Caroll; Christopher Walker; Petronia Steiner; Klaus Lohrbächer; Gerhard Tersteegen; Joachim Neander; Jacques Berthier; Magnificat; Martin Luther; Taizé715 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart); 744 (Fr/Ro-Stu); 175,6; 167; 387; 3902017-08-01
Stadt Land OrgelDorforganist, Dorforgel, flotter Gesang, langsamer GesangOrgel2017-07-01
Singt dem Herrn ein neues LiedAdolf Lohmann. Kirchenlied II, Ars nova, Bela Bartok, Cantate, Dave Brubeck, Marienstatter Orgelbüchlein, Neues Geistliches Lied, NGL, Pentatonik4092017-06-01
Da pacem, Domine – Verleih uns Frieden gnädiglichEinsiedeln, Gregorianischer Choral, Joseph Klug, Martin Luther, St. Gallen473, 4752017-05-01
Österliches HallelujaEinsiedeln, Franziskaner, Hartker, Köln, Klosterneuburg, Medicea, Solesmes, Zwiefalten175,22017-04-01
Irisches HallelujaAbschied vom Halleluja, Alleluia dulce carmen, Celtic Alleluia, Christopher Walker, Fintan O’Caroll, Irish Alleluia175,62017-03-01
Martin Gotthard Schneider (1930−2017)Danke, Ein Schiff das sich Gemeinde nennt, Herr wir brauchen den HirtenEG 334, EG 1692017-02-12
Musikalische ParallelweltenIns Wasser fällt ein Stein, Irischer Segenswunsch, Kreuzungen, Kurt Kaiser, Möge die Straße uns zusammenführen, Neue Geistliche Lieder, NGL, Pass it on, TaizéNGL2017-02-01
Gott loben in der Stille?Alfons Deissler, Günter Balders, Huugo Nyberg, Johann Sebastian Bach, Martin Luther, Psalm 65, zehnsaitige Harfe399, 395, 2742017-01-01
666 Marianische Antiphonen666, Alma Redemptoris Mater, Ave Regina caelorum, Die Schönsten von allen, Regina caeli, Salve Regina, Wort-für-Wort-Übersetzung666, 1-42016-12-01
DankeBWV 17, Chapelle de la Vigne, Danken, Danklied, Kurt Rommel, Martin Gotthard Schneider, Paul Ernst Ruppel, Rolf Schweizer380, 382, 385, 402, 403, 405
EG 334
2016-11-01
Kein Aug hat je gespürt, kein Ohr hat mehr gehörtAdolf Fichter, GL 554, Gregor Frede, Johann Sebatian Bach, Kantate Nr. 140, Orgelbuch zum Gotteslob, Philipp Nicolai5542016-10-01
Segne dieses Kind – in Moll oder in Dur?Erna Woll, GL 636, Lothar Zenetti, Michael Schütz, Segne dieses Kind, Sequenz210, 4902016-09-01
Edith Stein 1916|2016Edith Stein, P. Beda Grundl, Psalm 61, Roman Schleischitz4392016-08-01
Nicht weltlich, sondern geistlichDas Jahr steht auf der Höhe, Detlev Block, Jakob Steuerlein, Mit Lieb bin ich umfangen4652016-07-01
Der Teufel im Gotteslob?Eugen Eckert, Eugen Keilbach, Guido von Arezzo, Hexachord, Johann Sebastian Bach, Psalm 90, Schubert Winterreise, Sergej Andrewitsch Bazuk, Tritonus4342016-06-01
O Licht der wunderbaren NachtDominantseptakkord, Herbert Voß. Hans Leo Hassler, Johannes Brinkmann, Rainer Aberle, Tonsatz, Winfried Bönig3342016-05-01
OsterglockenAuferstehungsfeier, Christus ist erstanden, Dominikus Johner, Erich Przywara, Magnifikat, Nun läuten Osterglocken888 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart), 798 (Fr/Ro-Stu), GL 318, 525, 337, 331, 533, 334, 3252016-04-01
AlternativenAlternativmelodie, Erhabene Dreifaltigkeit, Herr nimm uns auch zum Tabor mit, Ich steh an deiner Krippe hier, O Welt ich muss dich lassen, Pange lingua gloriosi, Preise Zunge das Geheimnis, Selig wem Christus auf dem Weg begegnet510, 101, 213, 159, 158, 256, 258, 257, 381, 369, 275, 484, 353, 1472016-03-01
Lux et origoGottes Stern leuchte uns, Licht das uns erschien, Seht ihr unsern Stern dort stehen, Singen wir mit Fröhlichkeit113, 159, 158, 259, 2622016-02-01
Falsche Töne – Orgelsätze zum Gotteslob 2013 (2)Bocksbeutel, Gregor Frede, Harald Kugler, Karl-Heinz Sauer, Michael Prätorius, Michel Praetorius, Orgelbuch, Peter Planyavsky230, 204, 2082016-01-01
Die Crux mit den KehrversenAntwortpsalm, Kantorenbuch, Kehrvers, Lesung312,7; 454; 517; 52,1; 558,1; 717,1; 527,1; 708,1; 651,3; 649,5; 31,12015-12-01
Ambrosius meets SchumannHymnus, Te Deum, Vesper6282015-11-01
ADORO TE DEVOTEAdoro, Gotteslob 2013, Liber Usualis, Thomas von Aquin4972015-08-01
Wenn wir unsre Gaben bringenGabenbereitung, Offertorium, PriestergebeteFr/Ro 738, GL 183, 186, 184, 187, 185, 188, 1892015-07-01
CREDO – ICH GLAUBEAlan Wilson, Credo, Credo-Lied, Glaubensbekenntnis, Karl Norbert Schmid, Maria Luise Thurmair, Singmesse122, 179, 354, 177, 178, 1802015-06-01
Wie hältst du’s mit der Treue?antwortpsalm.de, Antwortpsalmen, Kehrvers, Münchener Kantorale, Münsterschwarzacher Psalter, SCHOTT-Kantorale, Schott.529,7;
Ps 22(21),26a; 401
2015-05-01
Eierkohlennotation vs. QuadratnotationEierkohlen, Graduale Romanum, Gregorianischer Choral, Kyrie, Lux et origo, Neumen, Quadratnotation, Sanctus, Semiologie113, 1152015-04-01
Man zeige alles, was man kann – 99 Euro (Teil 3)Christian Matthias Heiß, Clemens Ganz, Das ist der Tag den Gott gemacht, Domorganisten, Franz Stoiber, Großer Gott wir loben dich, Johann Gottfried Walther, Kündet allen in der Not, Klemens Schnorr, Lobpreiset all zu dieser Zeit, Martin Bernreuther, Orgelbuch, Stefan Schmidt, Winfried Bönig218, 243, 221, 258, 268, 329, 3802015-03-01
Falsche Töne? – Orgelsätze zum GOTTESLOB 2013 (1)Bernard Huijbers, Erwin Horn, GL 133, GL 377, GL 422, Heino Schubert, Karl-Heinz Sauer, Orgelbuch, Orgelsätze377, 422, 1332015-02-01
Das neue Gotteslob-FormatDomorganisten, Eigenteil, Orgelbuch, Orgelsätze, Stammteil, Vorspiele2015-01-01
Schon zu alt für „Modisches“?Andrew Lloyd Webber, Gotteslob, Jesus Christ Superstar, Raymund Weber, The Last supper1882014-11-30
99 Euro – Teil 2Begleitsatz, Domorganisten, Metzler-Orgel, Orgelvertretungen, Peter Planyavsky, Vorspiel479, 482, 478, 169, 197, 1882014-11-11
Mit 99 Euro, da fängt der Ärger an!Domorganisten, GL 530, Gotteslob, Liedbegleitung, Liedsatz530, 5292014-11-01
Antwortpsalm – Falsche AntwortAntwortpsalm, Kantorenbuch, Kehrvers, Lektionar, Neues PsalmenbuchPsalm 25 Fehlanzeige2014-10-01
Kyrietropen 1Tropen zum Kyrie163,8; 5132014-09-06
Atemlos durchs GotteslobAtemzeichen186, 143, 332, 3602014-09-01
Zieh an die Macht, du Arm des HerrnKampf, political correctness, Thurmair304 (GL 1975)2014-08-03
Wer hat mein Agnus Dei geklaut?Agnus Dei, Credo, Sanctus133, 136, 139, 203, 204, 208, 202, 205, 206, 2072014-07-01
Das Neue am „Gotteslob“Grafische Gestaltung, Margarethe Hopf, Romantik, Tanzen.535, 568, 502, 545, 238, 336, 383, 489, 187, 145, 388, 418, 387, 93, 553, 323, 327, 330, 462, 3312014-06-03
Meine GesangbücherMagnifikat 1929, Kirchenlied 138, Magnifikat 1960, Kirchenlied II 1967, Gotteslob 1975, Beiheft zum Gotteslob 1985 2014-05-01
Zeige uns, Herr, deine Allmacht und GüteFreylinghausen2722014-04-01
Neue Lieder – alte LiederGottes Opferbrand, Statistik382, 371, 250, 411, 359, 338, 547, 198, 224, 360, 261, 225, 383, 453, 259, 274, 4302014-03-02
Und suchst du meine SündeSchalom Ben-Chorin2742014-02-01
Stern über BetlehemAlfred Hans Zoller, She von Groov Coverage2612014-01-01
Wir ziehen vor die Tore der StadtTore, Vor-die-Tore-der-Stadt-Ziehen2252013-12-01
Nun sich das Herz von allem lösteJochen Klepper, Hans Jacob Hǿjgaard5092013-11-05
Wachet auf, ruft uns die StimmeOmnia habent tempora sua – Alles hat seine Zeit? Geprägte Zeiten5542013-10-01
Choral am Ende der ReiseDas neue Gotteslob auf Titanic-Kurs, Näher mein Gott zu dir502, 241, 242, 228, 222, 94, 96, 482, 548, 5522013-09-01
Singt unserm Gott, ja singt ihm, spielt ihm ein kunstvolles Lied!Kehrverse zu Psalmen im Gotteslob48,1; 44,1; 72,1; 54,1; 664,5; 633,3; 80,1; 64,12013-08-01
Ehre sei Gott in der HöheHans Haselböck1662013-07-01
HALLELUJA, HALLELUNEINGotteslob, Gregorianischer Choral, Halleluja174,3; 174,5; 174,7-8; 175,2, 175,4-5; 176,2; 584,8; 174,2013-06-18
Ich seh empor zu den BergenLied ohne Worte847 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart)2013-06-01
Atme in uns, Heiliger GeistAtme in uns Heiliger Geist, Esprit de Dieu, three chords3462013-05-01
Jesus lebt, mit ihm auch ichChristian Fürchtegott Gellert3362013-04-01
Holz auf Jesu SchulterKyrie eleison2912013-03-01
Heilig, heilig, heilig GottOliver Sperling, Clangat hodie2002013-02-18
Seliger aus unsrer MitteBernhard von Baden, Großer Führer, Lob sei Gott der uns im Glanze910 (Freiburg/Rottenburg-Stuttgart)2013-02-18
Kunst und Kitsch im KirchenliedMagnifikat, Münsteraner Gesangbuch, Kirchenlied I, Gotteslob2013-02-18

Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen (GL 452)

In den Kirchenmusikalischen Mitteilungen der Erzdiözese Freiburg Nr. 87 vom Mai 2022 berichtet Meinrad Walter ausführlich über die Entstehungsgeschichte des Liedes Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen mit dem Text des Franziskanerpaters Helmut Schlegel und der Melodie von Kirchenmusiker Thomas Gabriel. Das Lied wurde 1998 zum 25. Jubiläum des Amts für Kirchenmusik aus der Taufe gehoben. Warum man sich nicht für die ursprüngliche Vertonung des Kirchenmusikers Winfried Heurich entschieden hat, wird in dem Artikel nicht begründet.

Winfried Heurich

Vielleicht war es die Tonalität in Moll, die für die geplante Festmesse im Freiburger Münster am 3. Oktober als unpassend erschien. Vielleicht war es ein Problem mit dem Liedtext, das  Heurich nicht lösen konnte. Helmut Schlegel, der sich für seinen Text vom „Aaronitischen Segen“ (Numeri 6,22-2) hat  inspirieren lassen, wählte als Versmaß einen jambischen Fünfheber mit abwechselnd weiblicher und männlicher Endung. Ja und wo liegt das Problem? Auch Emanuel Schikaneder hat in der Zauberflöte für die Arie der Königin der Nacht dieses Versmaß ausgesucht.

Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
Tod und Verzweiflung flammet um mich her!
Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,
So bist du meine Tochter nimmermehr!

In den ersten drei Zeilen der Arie liegt die Hauptbetonung auf der zweiten Hebung, in der vierten Zeile aber auf der dritten Hebung. Für Mozart war es in der freieren Form der Arie kein Problem, in der vierten Zeile den musikalischen Höhepunkt auf die betonte Silbe der dritten Hebung zu legen. Aber bei einem Strophenlied, bei dem die Vertonung für die Hauptbetonung einer Zeile für alle Strophen festliegt, ist der Wechsel der Hauptbetonung für den Komponisten eine Katastrophe. Egal, wie er die Melodie erfindet, es ergeben sich zwangsläufig musikalische Fehlbetonungen. Im Folgenden sind in jeder Zeile des Liedes die Hauptbetonungen unterstrichen.

Kv: Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen,
er zeige freundlich dir sein Angesicht,
der Herr wird mit Erbarmen dir begegnen,
und leuchten soll dir seines Friedens Licht.

1) Der Herr ist Gott, er schuf das Universum,
er hauchte Leben ein in Meer und Land.
Er schuf auch dich und gab dir einen Namen.
Geschrieben stehen wir in Gottes Hand.

2) Gott segne dich mit seinem reichen Segen,
er schenke Wachstum, dort wo du gesät.
Vollenden möge er, was du begonnen,
wenn er zum Mahl des Gottesreiches lädt.

3) Beten soll er dich und all die Deinen,
und täglich sollst du sehn, dass er dich liebt.
Er schütze dich mit seinen guten Händen,
und sei das Haus, das bergend dich umgibt.

4) Sein Angesicht soll brüderlich dir leuchten,
sein Licht erhelle deine Dunkelheit.
An seiner Liebe sollst du Feuer fangen
und Werkzeug sein für Gott in dieser Zeit.

5) Er schenke dir Vergebung und Erbarmen
und lösche aus, was dich von ihm entzweit.
Erheben sollst du dich und wieder atmen,
der Herr hat dich von aller Last befreit.

6) Der Herr soll dich mit seinem Blick begleiten;
dir Zeichen geben, dass du dankbar weißt:
Er lebt mit uns, wir alle sind Geschwister,
uns führt zusammen Jesu guter Geist.

7) Der Herr und Gott erfülle dich mit Frieden,
mit Lebensmut und mit Gerechtigkeit,
er öffne dir das Herz und auch die Hände,
dass selber du zum Frieden bist bereit.

Der Textdichter wechselt ohne erkennbaren Plan  die Position der Hauptbetonung zwischen der ersten und zweiten Hebung. 20 Zeilen beginnen mit kurzem Auftakt, 12 mit einem langem. Für den Liedkomponisten ist das eine unlösbare Aufgabe. In der Melodie von Winfried Heurich beginnt jede der 32 Zeilen mit drei Achteln Auftakt. Das bedeutet, dass in 21 Zeilen die Hauptbetonung auf der ersten Hebung verfehlt wird.

Thomas Gabriel

Thomas Gabriel kann in seiner Neuvertonung durch den Wechsel von kurzen und langen Auftakten im Kehrvers seine Trefferquote erhöhen. Aber es bleiben immer noch 18 Fehlwürfe.

Im Folgenden wird gezeigt, dass das Wort mit der Hauptbetonung fast immer mit dem letzten Wort der Zeile korrespondiert. An wenigen Stellen konnten Missverständnisse geklärt werden.

Kv. 2 er zeige freundlich dir sein Angesicht. Besser wäre hier das originale gnädig.
Kv. 4 und leuchten soll dir seines Friedens Licht. Das Licht ist Zutat des Dichters.
1.4 Geschrieben stehen wir in Gottes Hand. Missverständliche Kombination von „Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände.“ (Jesaja 14,16)  und „Gerechte und Weise sind in Gottes Hand“ (Kohelet 9,1).
2.1 Gott segne dich mit seinem reichen Segen,
2.2 er schenke Wachstum dort, wo du gesät.
2.3 Vollenden möge er, was du begonnen,
3.1 Behüten soll er dich und all die Deinen,
3.2 und täglich sollst du sehn, dass er dich liebt.
3.3 Er schütze dich mit seinen guten Händen,
4.1 Sein Angesicht soll brüderlich dir leuchten.
4.4 Und Werkzeug sein für Gott in dieser Zeit.
5.1 Er schenke dir Vergebung und Erbarmen
5.3 Erheben sollst du dich und wieder atmen,
5.4 Der Herr hat dich von aller Last befreit.
6.1 Der Herr soll dich mit seinem Blick begleiten,
6.2 dir Zeichen geben, dass du dankbar weißt.
6.3 Er lebt mit uns, wir alle sind Geschwister,
7.2 mit Lebensmut und mit Gerechtigkeit,
7.3 er öffne dir das Herz und auch die Hände,
7.4 dass selber du zum Frieden bist bereit. Üblich ist „du selber“ mit der Betonung auf selber.

Wenn Goethe sagt „In der Kunst ist das Beste gut genug“, dann ist das Lied „Der Herr wird dich mit seiner Güte segnen“ keine Kunst, weil es nicht gut genug ist. Der Satz existiert auch in einem anderen Zusammenhang: „Für Gott ist nur das Beste gut genug“. Offenbar gibt es heutzutage in der Vorhalle des Tempels für die Welt der NGLs Erleichterungen. Lobet Gott mit leichten Liedern! Nicht jeder Theologe ist ein Liederdichter.

Weitere Beispiele siehe in „Der jambische Fünfheber in Kirchenliedern“.

Anton Stingl jun.

Wie der Himmel klingt – Wie klingt er denn?

Da wird man doch neugierig, wenn Pater Johannes Paul Chavanne in seinem jüngst erschienen Buch „Wie der Himmel klingt“ vom „Eintauchen in die Musik der Stille mit dem Gregorianischen Choral“ erzählt. Und man ist gespannt, wie der Himmel wohl klingt, wenn er sich im Gregorianischen Choral materialisiert. Leider erhält man auf die Frage, wie dieses Ereignis in den Melodien des Gregorianischen Chorals zu Tage tritt, nur sehr wenige, meist sehr allgemein gehaltene Antworten:

 „Den Gregorianischen Choral haben die ersten Mönche – so sagen einige frühen Autoren – den Engeln abgelauscht“ (S. 41).

„Choral kommt aus der Stille und führt wieder in die Stille zurück.“ ‒

„Musik, die nichts anderes sein will als Ausdruck der Schönheit Gottes.“

„Hören von Choralmusik hat blutdrucksenkende Wirkung.“ (S. 35)

Es gibt keine Choral-„Musik“, selbst die Zisterzienser in Heiligenkreuz singen ohne Instrumentalbegleitung. Pater Johannes sagt von sich selbst: „Ich bin vor allem Praktiker des Gregorianischen Chorals“. Da kommt es ihm auf wissenschaftliche Feinheiten nicht so an:

„Noch heute werden in professionellen Ausgaben für Choralstücke die Neumen aus den ältesten Handschriften über die Notenlinien mit den heute üblichen Quadratnotationen geschrieben. Einerseits lässt sich so, wenn die Quelle der Neumenhandschrift angegeben ist, das Alter des jeweiligen Stückes feststellen und andererseits kann das geschulte Auge aus den Neumen auch die Weise des Singens in der frühesten Fassung herauslesen“ (S. 101).

Zunächst ist die Bezeichnung „Choralstücke“ sehr unglücklich, denn es handelt sich nicht um Instrumentalstücke, sondern um Gesänge. Aus der Neumenhandschrift lässt sich nur der Zeitpunkt der Niederschrift bestimmen, für das Alter des Gesangs gibt die entsprechende Texthandschrift einen Anhaltspunkt. Davor steht aber noch die mündliche Überlieferung. Die „Weise des Singens in der frühesten Fassung“ können Zisterzienser leider nicht aus ihren Handschriften „herauslesen“, weil ihre Choralfassung erst aus dem 12. Jahrhundert stammt. Ist da etwa eine gewisse Abneigung gegen das Singen nach Neumen zu spüren? Im  Literaturverzeichnis ist zwar das Graduale Triplex von 1979 aufgeführt, aber es fehlt das Graduale Novum von 2011/2018, das die Neumen von St. Gallen und Laon in hervorragender Weise wiedergibt.

„Das Vier-Linien-System, das Guido [von Arezzo] verwendet hat, um den Choral zu verschriftlichen, ist eine riesige Erleichterung für alle Musiker und Sänger gewesen. Es war von da ab nicht mehr notwendig, die Lieder stundenlang auswendig zu lernen – die Noten standen schwarz auf weiß auf dem Papier und konnten von geschulten Sängern direkt vom Blatt gesungen werden“ (S. 101).

Der Choral wurde von Guido nicht verschriftlicht, denn es existierte mit der Neumenschrift bereits eine mehr oder weniger genaue Niederschrift der Melodien. Der angebliche Gewinn durch die spätere Quadratnotation wurde durch den Verlust der rhythmischen Angaben in den Neumen teuer bezahlt. Der Gregorianische Choral wurde zum Cantus planus (= flach, platt, eben). Die Verwendung der Bezeichnung „Lied“ in diesem Zusammenhang stammt aus jenen Schichten, die jede gesungene Äußerung als „Lied“ bezeichnen. Herr Pater, Ihre Kollegen vom Benediktinerorden sahen das Singen in der Schola als Lebensaufgabe. Sie lernten nicht nur „stundenlang“, sondern lebenslang die über 8000 Gesänge des Repertoires. Blattsingen war nicht angesagt, weil die Schola gar keine Blätter in Händen hatte. Die Seiten z.B. im Einsiedler Kodex 121 waren auch so klein (10,5 x 15,7 cm), dass nur der Kantor einen Blick darauf werfen konnte.

 „Damit wollten sie [die fränkischen Gelehrten des Karolingerreiches] ihre Singweise als die verkaufen, die Gregor der Große verfasst hatte, und damit beweisen, dass ihre Interpretation die einzig richtige war. Der fränkische Gesang war also damit zum „Gregorianischen Gesang“ geworden“. (S. 107)

Richtig ist: Der einfache römische Gesang, den Gregor der Große nicht „verfasst“, sondern nur neu organisiert hatte, wurde im Frankenreich überarbeitet und mit Hilfe der Marke „Gregor praesul“ (= Vortänzer; Meister; Bischof; im Buch „Vorsteher“)  überall so erfolgreich verbreitet, dass vom römischen Choral außerhalb von Rom nichts mehr zu hören war.

„Diese Auseinandersetzung [zwischen Römern und Franken] wurde durch die Entwicklung der Notenschrift und durch theologiegeschichtliche Interpretationen zugunsten einer gemeinsamen Auslegung entschieden“ (S. 108).

Was der Autor hier meint, bleibt einem Leser ohne musikwissenschaftlichen und theologiegeschichtliche Kenntnisse verborgen. Sehr erhellend dagegen wäre die Abbildung von Gregor & Taube aus dem Hartker-Antiphonar gewesen. Aber Hartker (um 1000) war Benediktiner in St. Gallen; er lebte noch vor der Gründung des Zisterzienserordens (1098).

 „Das Latein ist eine sehr vokalreiche Sprache. Die Vokale a, e, i, o und u kommen besonders häufig vor. Melismen, also Tonfolgen, die auf einer Silbe gesungen werden, bedürfen eines Vokals – einen Konsonanten kann man nicht singen“ (S. 112).

In welcher Sprache kann man einen Konsonanten singen?

„Der Gregorianische Choral ist eine Übersetzung der Bibel in die Sprache der Musik, eine Übertragung in zeitlose und formvollendete Melodien.… Choral ist musikalische Verkündigung, das Wort Gottes in schöne Musik geformt“ (S. 135).

Was sind zeitlose und formvollendete Melodien? Stammen die Melodien mit ihren Kirchtonarten nicht aus dem 8. Jahrhundert? Wer behauptet, dass sie auch in das 21. Jahrhundert passen? Ist ihre Form nicht von den Formen der Liturgie abhängig? Was ist schöne Musik? Es gibt sie auch zum Träumen, zum Entspannen, zum Nachdenken, zum Loslassen, zum Tanzen.

„Der Gregorianische Choral ist die Musik zu diesen Texten [Psalmen]. Hier haben Text und Melodie zu Liedern zusammengefunden, in denen sich Musik und Inhalt gegenseitig voll zur Geltung bringen“ (S. 140).

Richtig ist: Zu den Psalmtexten wurden entsprechend der vorgegebenen Gesangsform (keine „Lieder“) aus einem Bestand von Formeln Melodien geschaffen. Wie „sich Musik und Inhalt gegenseitig voll zur Geltung bringen“, müsste dann jeweils an den folgenden (vier!) Notenbeispielen gezeigt werden.

RORATE COELI (im Text und im Notenbeispiel in Zisterzienserfassung: caeli; S. 156)

Es findet sich leider kein einziger Satz zum Verhältnis von Melodie zu Text. Stattdessen wird Bezug genommen auf “Wham: Last Christmas I gave you my heart”.

CHRISTUS FACTUS EST (im Notenbeispiel in Zisterzienserfassung als Responsorium bezeichnet)

 „Musikalisch sind die Inhalte der Erniedrigung und der Erhöhung wunderbar gestaltet. Die Melodie zu Christus factus est pro nobis obediens usque ad mortem, mortem autem crucis ist tief, bedächtig und schlicht gehalten. Um dann ganz aufzuschwingen in jubelnde, euphorische Freude, in der das Propter quod et Deus exaltavit illum et dedit illi nomen, quod est super omne nomen gesungen wird. Der Gregorianische Choral als eine musikalisch-meditative Bibelbetrachtung, das wird bei diesem Stück besonders deutlich“ (S. 162).

Sowohl das Responsum als auch der Vers  bestehen aus Formeln, die auch in den restlichen 49 Graduale  im fünften Modus verwendet werden. Erst eine Analyse der kunstvollen Verwendung der Formeln kann die besondere Ausdruckskraft dieses Graduale zeigen.

DAS HALLELUJA VOM OSTERSONNTAG (Notenbeispiel in Zisterzienserfassung)

Kein einziger Satz zum Text-Melodie-Verhältnis.

SALVE REGINA (Notenbeispiel in Zisterzienserfassung)

„ Und dann erklingt in den alten zisterziensischen Weisen dieses poetische Lied aus unserm Chorgestühl im ganzen weiten Kirchenraum“ (S. 167).

„Die Melodien, die der Choral für diesen Text geschaffen hat, muss man gehört haben, um zu wissen, dass der Blick der Barmherzigkeit echte Erfahrung und starker Trost ist, auch heute“ (S. 170).

Das Salve Regina ist kein „Lied“, sondern eine Marianische Antiphon (≈ Hymnus). Die auf S. 173 abgedruckte Melodiefassung aus dem Gotteslob wurde aus diesem Grund nicht in das Lexikon „Die Lieder des Gotteslob“ aufgenommen. Die Melodie stammt von Henri Du Mont (1610-1684), ursprünglich taktmäßig und im Wechsel von Viertel- und Halbe-Noten. Erst die Solesmenser Schule hat die Melodie gregorianisiert und äqualistisch geformt.

Wer nicht ein ausgesprochener Fan von Heiligenkreuz ist, dem kann das Buch nicht empfohlen werden.

Anton Stingl jun.

Wachet auf – „Und wann kommt der Choral?“

… fragte mich die evangelische Religionslehrerin, als ich beim Kollegenausflug 2003 in Ettenheimmünster auf der Silbermannorgel mein Konzert mit der Choralbearbeitung „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ und dem Präludium Es-Dur von Johann Sebastian Bach beendet hatte. Warum hat die Kollegin den Choral nicht gehört?

Wenige Jahre vor Bachs Tod hat der Notenstecher Georg Schübler den Thomaskantor Bach veranlasst aus Kantatensätzen sechs Stücke auszuwählen und möglichst leicht spielbar für Orgel zu bearbeiten. Die Bearbeitung von „Wachet auf“  hat nur drei Stimmen, die Oberstimme (ursprünglich für Violinen I & II und Viola) in der rechten Hand, die Singstimme des Tenors in der linken Hand, die Bassstimme (ohne die Begleitakkorde) im Pedal. Auf der Silbermannorgel hatte offensichtlich die Oberstimme mit einer Cornetmischung auf dem Positiv die Mittelstimme mit der Trompette/Basson auf dem Hauptwerk übertönt. Mittelstimmen sind bekanntermaßen schwerer zu hören als Ober- und Unterstimmen.

Auch in der Sendung „SWR2 Lied zum Sonntag“ am 30. Mai 2021 mit Klaus Nagorni von der evangelischen Kirche in Karlsruhe dominierte die Oberstimme, die dort in der Version der Sängerin Noa mit eigenen Text erklang.  

If all of the angels sang together surely, they’d say: we need you!
If all of the angels stood together they would embrace and greet you.
Some say, everything has always been this same, but they wouldn’t if they had a chance to meet you…
Now daylight is fading, and I will be waiting,
For you to send a sign from where the wind has taken every song every smile your spirit has awakened, sunrise birds singing out Halelluya, Halleluya.

Wenn alle Engel sicher zusammen sangen, würden sie sagen: Wir brauchen dich!
Wenn alle Engel zusammenstünden, würden sie dich umarmen und begrüßen.
Manche sagen, alles war schon immer so, aber sie würden es nicht tun, wenn sie die Chance hätten, dich zu treffen…
Jetzt verblasst das Tageslicht und ich werde warten,
Damit du ein Zeichen schickst, von wo der Wind jedes Lied genommen hat, jedes Lächeln,das dein Geist erweckt hat, Sonnenaufgangsvögel, die Halleluja singen, Halleluja.

Wenn man genau hinhört, liegt der Bearbeitung,  die Noa singt, nicht das „Choralvorspiel“ zugrunde, sondern der 4. Satz aus der gleichnamigen Kantate; denn man hört ganz deutlich die Begleitakkorde in der Gitarre. In Musik 1 und 2 ist vom Choral nichts zu hören. Erst Musik 4 lässt ab Takt 64 ganz im Hintergrund, von einem Streichinstrument gespielt, die letzten Zeilen der Choralmelodie erahnen:

Wir folgen all zum Freudensaal
und halten mit das Abendmahl.

Was der Text der Sängerin mit dem Choral zu tun hat, hat sich mir leider nicht erschlossen.

https://www.noasmusic.com/post/all-of-the-angels-letters-to-bach-lyrics

Die Bearbeitung von Murray Perahia in Musik 3 dagegen beruht auf dem Choralvorspiel wie auch die Bearbeitung meines Vaters Anton Stingl (1908-2000) für Gitarre.

http://www.anton-stingl.de/Bach-Stingl-_Wachet_auf.mp3

Anton Stingl jun.

Glauben können wie du

Zum Abschluss des Marienmonats Mai veröffentlichte das Konradsblatt in der Nummer 21 vom 23. 5. 2021 ein Mariengebet des Franziskanerpaters Helmut Schlegel in der Vertonung von Joachim Raabe (GL Limburg 885).

Das Besondere an diesem Text sind die biblischen Marienzitate, die jeweils gegen Ende der drei Strophen eingebunden werden. Für den Kirchenmusiker Joachim Raabe war es nicht leicht, für ein solches Gebilde aus Eröffnungs- und Schlusszeile, den zum Zitat führenden Text und den Zitaten die passende Melodie zu finden. An einigen Stellen hätte ich mich für eine überzeugendere Lösung entschieden.

Die Melodie der 1. Zeile ähnelt sehr dem Weihnachtslied „Leise rieselt der Schnee“. Wenn man die 4. und 5. Note vertauscht, erhält man genau den Anfang dieser Melodie. Die Korrektur vermeidet diesen Bezug und verstärkt durch die Kadenz die Text-Devise der Einleitung „… können wie du“.

In der 2. Zeile erzeugt die Tonwiederholung im 1. Takt eine zu starke Betonung auf der Zählzeit 4. Durch Tiefertransposition der 2. Takthälfte ergibt sich zusätzlich ein Terzsprung auf die 1 des nächsten Taktes, was die Sinnspitze an dieser Stelle unterstützt.

In der 3. Zeile und am Anfang der 4. Zeile stören erneut Tonwiederholungen den Melodiefluss. Durch Vermeidung der Repetition wirkt die Melodie organischer und verzichtet auf zu starke Betonungen.

Am Ende der 4. Zeile stellen die Zitate den Komponisten vor ein unlösbares Problem. „Mir geschehe dein Wort“ (vgl. Lk 1,38) beginnt eigentlich mit einer unbetonten Silbe. Also müsste auf der 1 eine Pause sein. Die Betonung auf 1 ist eine Notlösung. „Großes hat er getan“ ist eine Kurzfassung von „Denn der Mächtige hat Großes an mir getan“ (Lk 1,49). Weil im Original „mir“ betont ist, muss im Lied das entsprechende Wort „er“ betont sein. Wenn man bei beiden Zitaten unter Umständen die vorhandenen Lösungen akzeptieren kann, ist das beim 3. Zitat aus Joh 2,5 auch  bei bestem Willen nicht möglich. Bei „Was er euch sagt, das tut!“ liegen die Betonungen auf  „er“ und „sagt“, nicht auf „euch“. Eine Vertonung ohne Auftakt ist nicht zu realisieren. Die Betonung von „was“ auf der 1 ist nur die zweitbeste Notlösung. Die zusätzliche Transposition nach d-Moll versetzt die Zitate aus der durbetonten Sphäre der Melodie des NGLs in eine andere – biblische – Ebene. Außerdem wird aus der kraftmeierischen Quinte zur Schlusszeile eine menschlichere Quarte, die besser zu „So will ich…“ passt.

Anton Stingl jun.

Nun jauchzt dem Herren, alle Welt

Die Sendung von „SWR2 Lied zum Sonntag“ am 16. Mai 2021 hatte das Lied „Nun jauchzt dem Herren, alle Welt“ zum Thema. Das Lied stellt in seiner ursprünglichen Form die Bereimung von vier Versen aus Psalm 100 dar. Die erste Strophe sang der Domchor München, was die Autorin Karoline Rittberger-Klas als „feierlich und gleichzeitig beschwingt“ empfand.

Wenn man den kräftigen Gesang des Domchores, der das Lied auch noch einen Ton höher sang, als feierlich empfindet, dann mag die Autorin Recht haben. Beschwingt war der Gesang auf keinen Fall. In einem Dreier-Takt wie hier im GOTTESLOB (144) notiert oder in einem ⁶/₄-Takt wie im Evangelischen Gesangbuch sind die unbetonten Silben unbedingt leicht zu nehmen. Doch davon konnte in München keine Rede sein. Da wurde im Sinne der fünften Strophe einfach nur „mit lauter Stimm“ gesungen. Das Motto  des SWR „(Gesangs)Kultur neu entdecken“ verwirklichte erst in der dritten Strophe der Projektchor [der Evangelischen Emmausgemeinde] Karlsruhe. Zurückhaltend in der Originaltonart C-Dur schwingt die Melodie im regelmäßigen Wechsel von unbetonten und betonten Silben.

Es bewahrheitet sich leider immer wieder, dass in der evangelischen Kirche eine bessere Gesangskultur herrscht als in der katholischen Kirche, was unter anderem damit zu tun hat, dass  zumindest im Süden Deutschlands die evangelische Kirche frühzeitig für hauptamtliche Kantoren gesorgt hat, während es beispielsweise 1966 in der Erzdiözese Freiburg nur drei hauptamtliche Stellen gab, wovon zwei am Freiburger Münster installiert waren.

https://www.kirche-im-swr.de/?page=beitraege&sendung=16

Anton Stingl jun.

„Lied zum Sonntag“ in der Pandemie

Die Sendereihe des SWR2 Lied zum Sonntag bot bisher bereits zum Frühstück einen wertvollen Ersatz für das kirchliche Gesangsverbot während der Pandemie. Während früher hauptsächlich Gesänge aus dem Bereich des Neuen Geistlichen Liedes in der Sendung erklangen, griffen die Autoinnen und Autoren jetzt auch auf altbewährtes kirchliches Liedgut zurück wie Heilig von Franz Schubert, Der König siegt, sein Banner glänzt, Hilf Herr meines Lebens, Wer leben will wie Gott, Dein Lob Herr ruft der Himmel aus, Der Morgenstern ist aufgedrungen, Wie schön leuchtet der Morgenstern, um entsprechende Beispiele von Anfang des Jahres bis heute zu nennen.

Doch heute am 18.4.2021 geschah etwas Merkwürdiges. Als Klaus Nagorni den Titel der heutigen Sendung ansagte „Bleib bei uns, denn es will Abend werden“, dachte ich – wie vermutlich viele – an den bekannten Kanon von Albert Thate (1935) der dank der Liste ökumenischer Lieder weite Verbreitung gefunden hat.

Doch entweder hatte der Sender diesen Kanon nicht im Archiv oder für Nagorni war der Kanon ein zu ärmliches musikalische Gewand für seine Ausführungen zu der Stelle aus dem Lukas-Evangelium. Anstelle des Kanons hörte man Ausschnitte aus dem ersten Satz der Kantate Nr. 6 Bleib bei uns, denn es will Abend werden von Johann Sebastian Bach. Die Kantate komponierte Bach für den Ostermontag, dessen Evangelium der Text entnommen ist. Somit hätte die Sendung eigentlich am Ostermontag ihren Platz gehabt. Doch leider ist der Montag kein Sonntag.

Es wäre zu wünschen, dass die Sendung Lied zum Sonntag in Zukunft bei der Definition des Wortes Lied wieder etwas genauer wird. Lied ist alles, was in einem Liederbuch steht oder im Internet zu finden ist. Ich empfehle einen Blick auf Frankreich, wo seit den 1830er Jahren mit le lied das Kunstlied deutscher Prägung bezeichnet wird.

Ein Lied „In dieser schweren Zeit“

https://www.youtube.com/watch?v=tzyxmmf910o

Schon vor längerer Zeit hatte ich nach einem Song gesucht, der die Corona- Zeit als Thema hat. Das Lied mit dem Text von Franz-Thomas Sonka und der Melodie Norbert M. Becker ist zwar schon während der ersten Welle entstanden, aber auch in der zweiten Welle noch immer aktuell.  Der Text unterscheidet sich wohltuend von den üblichen NGLs, bei denen das individuelle Ich im Vordergrund steht. Hier kommt tatsächlich Gott zu Wort. Die Strophen sind in der Textverarbeitung äußerst sparsam. In dieser schweren Zeit; Hab keine Angst; So spricht den Gott in diesen Tagen werden mehrfach wiederholt. Es kommen einige Punkte zur Sprache, die jeden betreffen: Dunkelheit, Einsamkeit und Sicherheit. Der Refrain spricht in verschiedenen zum Teil personalisierten Zitaten von der Gegenwart Gottes: Ich bin bei dir (euch) alle Tage (Matthäus 28, 20), meinen Segen schenk ich dir (Frieden gebe ich euch; Johannes 14, 27), Niemals lass ich dich im Stich (Hebräer 13, 5; 5. Mose 31, 6.8), Fürchte dich nicht (Jesaja 41, 10).

Der „schweren Zeit“ entsprechend sind die Strophen in Moll gehalten. Der Sänger hält zweimal nachdenklich inne, während die Begleitung in ihren einfachen Harmonien weiterschreitet. Hoffnung auf Besserung glimmt auf, wenn Gott in diesen Tagen mit großen Intervallen in Halben angekündigt wird.  Denn dann kommt bei Ich bin bei dir alle Tage tatsächlich Stimmung auf mit dem „Duke of Cumberland’s March“.

Die nachfolgenden großen Intervalle in Halben bei Glaube und vertraue mir sind schon vom Strophenende bekannt. Etwas einfältig und dem Gotteswort nicht ganz angemessen wirken die unisonischen Halben bei Niemals lass ich dich im Stich. Im ¾-Takt klingt die Stelle im „Grotvalsen“ so:

In der nächsten Zeile erklingt zur Textwiederholung eine etwas melodiösere Variante. Mir scheint, dass sich die Melodie des Songs zu sehr in Abhängigkeit der sie begleitenden Akkorde bewegt.

Hoffen wir, dass aus der „schweren Zeit“ bald wieder eine „beschwingte“ Zeit wird und die Lieder von vornherein in Dur klingen dürfen.

Anton Stingl jun.

Kunst und Kitsch im Kirchenlied

Als mein Vater Anton Stingl in der Zeitschrift „Werkblätter“ im 11. Jahrgang, 1938/39, Heft 4/5 einen Artikel mit dem Titel „Kunst und Kitsch im deutschen Kirchenlied“ veröffentlichte, war die Gesangbuchsituation in Deutschland eine andere als heute. Jede Diözese besaß noch ihr eigenes Gesangbuch. Im Jahr 1916 hatte die Fuldaer Bischofskonferenz beschlossen, 23 vom Cäcilienverein ausgewählte Lieder in den deutschen Diözesen als sogenannte Einheitslieder einzuführen. Nur Bayern widersetzte sich diesem Beschluss. Mein Vater unterzog nicht nur die Einheitslieder, sondern auch die Gesangbücher der Diözesen von Freiburg (1919) und Münster (1932) einem „Geschmackstest“. Im Freiburger „Magnifikat“ fand er unter 182 Liedern 68 gute, 62 gleichgültige und 52 kitschige. Von 176 Liedern des Münsteraner Gesangbuchs bewertete er 76 als gut, 59 als gleichgültig, 14 als bedenklich und 25 als kitschig. Dieses Ergebnis fand er wenig ermutigend, sodass er sich „nach dieser anstrengenden Arbeit einfach Luft machen musste“.

Das neue „Kirchenlied“

Die Neuerscheinung des „Kirchenlied“ im Jahr 1938 betrachtete er mit sehr kritischen Augen. Doch die Auswahl der Lieder überraschte ihn positiv. Viele Lieder gehörten zur Gruppe „gut“. „Auch die neugeschaffenen Lieder haben prächtige Texte und mit einigen Ausnahmen sehr gelungene und lebendige  Melodien“. Und er bekennt: „So freue ich mich von Herzen, einmal nicht kritisieren, sondern loben zu können.“

Das neue „Gotteslob“

Wenn nun am ersten Advent 2013 das neue Gebet- und Gesangbuch „Gotteslob“ in den Pfarrgemeinden eingeführt wird, geben die neuen Lieder Anlass zu Lob oder Kritik. Das soll im kukikblog in loser Folge geschehen.

Christus ist erstanden! versus Christ ist erstanden

Mit den Worten „Das Eingangslied 318 ist klanglich kein freudiges Osterlied (das mag zur Entstehungszeit anders aufgefasst worden sein)“ korrigierte mein Pfarrer den Vorschlag, den ich für den Freitag in der 2. Osterwoche erstellt hatte, und ersetzte ihn durch Christ ist erstanden! (GL 797). Der Pfarrer hatte sich schon länger vorgenommen, alle 18 Osterlieder im Stammteil des Gotteslobs und die zehn aus dem Anhang in den sieben Osterwochen einmal im Werktagsgottesdienst zu singen. Das ergibt rein rechnerisch vier Osterlieder pro Gottesdienst, was schon deshalb nicht funktionieren kann, weil die letzte Woche der Vorbereitung auf Pfingsten vorbehalten ist.

Antiphonale, Cod. 323 aus Admont (17. Jh.)

Seit dem ersten bekannten Druck im Klugschen Gesangbuch (1533) wird die Melodie ohne Taktstriche geschrieben, aber man könnte sie ohne weiteres im 2/2-Takt notieren, was auf der ersten Silbe von Kyrieleis eine erfrischende Synkope zur Folge hätte.

Klugsches Gesangbuch, 1533

Die Gruppe Entzücklika trifft hoffentlich den von meinem Pfarrherrn gewünschten freudigen Klang.

Die Ausdrucksweise des Textes von Christus ist erstanden! ist ganz dem 19. Jahrhundert verhaftet. Das zeigt sich zum Beispiel in der ersten Strophe bei der durch Enjambement verknüpften Folge er erhebt / aus seinem Grabe sich und lebt. Müsste es nicht umgekehrt heißen: er lebt und erhebt sich dann aus dem Grab? Und ausgerechnet in dem Augenblick, als er sich erhebt, erreicht die Melodie den tiefsten Ton der Melodie.

Die Formulierung Voll Glauben in der zweiten Strophe ist heutzutage eher in außerkatholischen Gemeinschaften zu finden: Voll Glauben handeln – Voll Glauben leben – Voll Glauben, eine Predigtreihe. In der Fortsetzung der zweiten Strophe wird mit erwecken und zum ewig neuen Leben rufen zweimal das Gleiche beschrieben.

Die dritte Strophe greift mit Gelobet seist du auf eine Formel zurück, mit der u.a. der Weihnachtschoral Gelobet seist du Jesu Christ von Martin Luther beginnt. Der weitere Text nimmt mit ach und ewig, ewig geradezu barocke Züge an. Mit Ewig, ewig! heißt das Wort beginnt ein evangelisch-lutherischer Choral mit Text von Benjamin Schmolk (1672-1737). Damit erklärt sich auch das Ausrufezeichen!

Die vierte Strophe zeigt mit wohlan zum neuen Leben hebt / die Herzen wie bei der ersten ein Enjambement, wobei beim Singen von / die Herzen; auf zum Himmel strebt / ein ungewollter Zusammenhang entsteht, denn niemand wird beim Singen von Kirchenliedern einen Strichpunkt berücksichtigen. Zum Schluss zitiert Pfarrer Johannes von Schmid das Wortpaar Lieb und Treu aus dem protestantischen Choral Dein Lieb und Treu vor allem geht, kein Ding auf Erd so fest besteht von Johannes Eccard aus der Renaissancezeit.

Der Zufall wollte es, dass der Liedvorschlag des Bistums Augsburg für den besagten Tag Christ ist erstanden (GL 318) enthältt und nicht Christus ist erstanden! von dem diözesaneigenen Dichter (GL 757 A).

Anton Stingl jun.

Rekonstruktionen der Markus-Passion von Bach in Freiburger Konzerten

Der Zufall wollte es, dass ich 1966 als Gambist bei der Freiburger Erstaufführung der ersten rekonstruierten Fassung von 1964 des Mainzer Kirchenmusikers Diethard Hellmann in der Ludwigskirche mitwirken durfte. In der nur textlich überlieferten Passion waren Eingangs- und Schlusschor, Arien und Choräle nach dem Stand der Musikwissenschaft rekonstruiert, aber die Vertonung des gesamten Bibeltextes galt damals als endgültig verloren.

2024 saß ich als andächtiger Zuhörer im Freiburger Münster und lauschte der jüngsten Fassung von 2016 des Hamburger Kantors Andreas Fischer, die von der Mädchenkantorei am Freiburger Münster – erstmalig von Männerstimmen unterstützt dank der Erlaubnis des „hochheiligen“ Domkapitels – unter Leitung von Martina van Lengerich vor dem berühmten Freiburger Hungertuchs aufgeführt wurde. Vier Reihen vor mir saß Elke Kamprad, die vermutlich noch die „unverkopfte“ Markus-Passion des Bachschülers Gottfried August Homilius im Kopf hatte, über deren Aufführung sie eine Woche zuvor berichtet hatte.

Badische Zeitung, 19.03.2024

In Kamprads Konzertkritik spürt man keinerlei Unbehagen an den neuen „Hamburger Zutaten“, nicht einmal bei dem von ihr zitierten Chorus „Ja nicht auf das Fest“, dem in dieser durchweg vierstimmigen Passion das fünfstimmige „Omnes generationes“ aus Bachs Magnificat unterlegt wurde. Umso mehr kritisierte sie die Interpretation des Werks in den Händen von Martina van Lengerich: „stark reduzierte Tempi“, „keine Spannkraft“, „ordentlich und gesittet“ statt forsch-mitreißend, „zerdehnt“, „spannungslos“, „Orchestermusiker ohne Esprit“. An der Beurteilung des Gesangs in den 16 Chorälen kann man am besten sehen, dass sich Elke Kamprad auf der falschen Veranstaltung befand. In dieser Passion geht es nicht um Aktion, sondern um Trauer. Nicht umsonst sind fünf Stücke Parodien aus der Trauerode „Lass, Fürstin, lass noch einen Strahl“ BWV 198. Die Choräle wurden zurecht „verhalten bis zaghaft“ gesungen. Die sorgfältig differenzierte Artikulation und Dynamik waren so deutlich, dass der Text auch in der sechsten Reihe verständlich war. Die Anfänge der Choräle wie auch der Chorus-Stücke dagegen hätte man tatsächlich etwas deutlicher markieren können.

Für die Sopranstimmen der Mädchenkantorei wäre das Wort himmlisch sicher angebrachter gewesen als „angenehm“ im Sinne von nicht störend. Für den Alt bedeutet das Wort „fein“, dass die Stimmen nicht das nötige Volumen hatten, um sich gegen die Schar der Männerstimmen durchsetzen. Hier wäre vor allem bei den Chorus-Stücken weniger mehr gewesen.

Bei den Gesangssolisten verlor Johannes Gaubitz als Evangelist beim wilden Parforce-Ritt durch die Rezitative manchmal seine Intonationssicherheit. Thomas Laske als Christus muss als göttliche Figur keine Gefühle zeigen. Wir sind hier ja nicht in der Oper. Das Adjektiv „solide“ für die Alt- und Bass-Solisten ist für mich ein wohltuender Gegensatz zur Sopranistin, die sich mit ihrem starken Vibrato für Barockmusik nicht eignet.

Der Hinweis am Ende auf die beiden anderen Passionen von Bach bestätigt meine Vermutung, dass Elke Kamprad etwas erwartete, was sich für sie nicht erfüllt hat.

Anton Stingl jun. am Vorabend des 339. Geburtstages von Johann Sebastian Bach

Der Antwortpsalm – noch Fragen?

In der Nr. 7 des Konradsblatts vom 18.2.2024 schrieb der Leser Walter Heizmann aus Kenzingen über seine Probleme mit der Liturgie unter anderem Folgendes:

„Unverständlich ist, warum nach dem Anstimmen der Antiphon des Zwischengesangs andere als die Texte im „Gotteslob“ verwendet werden. Die Texte des Zwischengesangs sind den Psalmen entnommen, den Gebeten Jesu Christi, die wir viel öfter nachempfinden, beten sollten. Die Kantoren tun ihr Bestes, verständlich zu sprechen und zu singen. Gleichwohl kann man sie oft beim besten Willen kaum verstehen, das liegt da und dort auch an der Raumakustik. Die Gemeinden sollten zur Verwendung der im „Gotteslob“ stehenden Texte des Zwischengesangs zurückkehren und das Kantorenbuch an dieser Stelle „außen vorlassen“ dürfen.“

In dieser Leserzuschrift gibt es zunächst Missverständnisse bei den Begriffen zu klären. Die Antiphon ist der Rahmenvers für einen Gesang mit Psalmodie, der zu Beginn und zu Ende des Psalms gesungen wird wie zum Beispiel bei den Psalmen in der Vesper. In der deutschen Liturgie ist der Name „Kehrvers“ gebräuchlich, weil er öfters wiederkehrt.

Und nun zum Begriff „Zwischengesang“, der so nichtssagend ist wie „Zwischenablage“ oder „Zwischenaktmusik“. Er sagt lediglich aus, dass der Gesang zwischen den beiden Lesungen stattfindet. Unter diesem Namen kann er aber nur sonn- und feiertags auftreten, denn am Werktag gibt es nur eine Lesung. Sein richtiger Name ist „Antwortpsalm“, der als Antwort auf die alttestamentliche Lesung mit den Versen aus einem der 150 Psalmen zu verstehen ist. Wenn die Kantoren kaum zu verstehen sind, sollte es kein Problem sein, ihnen mit einem Mikrofon nachzuhelfen. Neulich verhinderte bei mir trotz neuer Verstärkeranlage ein gezogener Stecker die gewünschte Verständlichkeit.

Der letzte Satz des Leserbriefs beruht auf einem weiteren Missverständnis. Die Psalmen mit ihren Kehrversen im „Gotteslob“ sind nicht für den Antwortpsalm gedacht, sondern für Vespern und Komplet und sonstige Anlässe, bei denen man Psalmen abwechselnd singt. Beim Antwortpsalm ist die Situation anders. Hier soll man nicht seine Nase ins Buch stecken und gemeinsam buchstabieren, sondern möglichst par cœur den Kehrvers nachsingen und dem Psalm lauschen.

Anton Stingl jun.

Hier noch der Hinweis auf ein Kantorenbuch, das man unbedingt nicht „außen vorlassen“ sollte:

http://www.neues-kantorenbuch.de/

Orgelspiel zur Kommunion

In den offiziellen Verlautbarungen ist selbständiges Orgelspiel bei der Kommunion nicht vorgesehen. Dagegen ist ausführlich vom Gesang zur Kommunion die Rede. „Sein Sinn besteht darin, die geistliche Gemeinschaft der Kommunizierenden in gemeinsamem Singen zum Ausdruck zu bringen, die Herzensfreude zu zeigen und die brüderliche Verbundenheit beim Hinzutreten zum Kommunionempfang zu vertiefen“.[i] Das soll musikalisch auf folgende Weise praktiziert werden. „Man kann die Antiphon aus dem Graduale Romanum – mit oder ohne Psalm – verwenden oder die Antiphon mit Psalm aus dem Graduale Simplex oder einen anderen passenden Gesang, der von der Bischofskonferenz approbiert ist. Der Gesang wird vom Sängerchor allein oder vom Sängerchor beziehungsweise Kantor mit der Gemeinde ausgeführt“. In den wenigsten Fällen steht aber eine Choralschola zur Verfügung, die eine gregorianische Antiphon oder die einfachere lateinische Antiphon aus dem Graduale Simplex singen kann. Als Ersatz für den wird der Kantor vorgeschlagen, der aber auch nicht überall präsent ist. Im Gotteslob passen bei dem von der Bischofskonferenz approbierten Gesang – Kehrvers (212) „Kostet, kostet und seht, Gut ist der Herr“ (Ps 34, 9) oder (214) „Dies Brot ist mein Leib für das Leben der Welt“ und Psalm 34, 2-11 (651,4) – Kehrvers im V. und Psalm im IV. Modus nicht zusammen.

In GL 1975 konnte der Psalm 34 als Lied (493) von Erhard Quack mit dem Kehrvers „Kostet und seht, wie gütig der Herr. Allen wird Heil, die ihm vertraun“ noch gesungen werden. Außer in meiner Heimatgemeinde Hl. Dreifaltigkeit in Freiburg in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts habe ich nirgendwo erlebt, dass die Gemeinde während des Kommuniongangs einen Kehrvers gesungen hat, von den in Gotteslob vorgesehenen Liedern zur Kommunion ganz zu schweigen. Bei jedem Kommuniongang „O heilge Seelenspeise“ zu singen, dürfte auch nicht die Freude am Gottesdienst steigern.  „Wird zum Kommuniongang nicht gesungen, so wird der im Messbuch angegebene Kommunionvers von den Gläubigen oder von einer Gruppe oder vom Lektor gesprochen, notfalls vom Priester nach einer Kommunion, bevor er den Gläubigen den Leib des Herrn reicht“.

In dieser Situation muss notgedrungen der Organist mit seinem Spiel die akustische Lücke füllen. In der evangelischen Kirchenmusik spielt die Orgel während des Abendmahls Stücke „sub communione“. Das bekannteste Beispiel ist J. S. Bachs „Jesus Christus, unser Heiland“ BWV 665. In dieser Tradition werden auch heute noch solche Stücke komponiert. In Frankreich wurden seit der Barockzeit und vor allem im 19. Jahrhundert Orgelstücke zum Proprium der Messe und damit auch zur Kommunion geschrieben. Dazu eignen sich auch die Stücke vom Typ „Voluntary“ aus der anglikanischen Tradition in Großbritannien. Die entsprechenden Kompositionen aus Italien z. B. von G. Frescobaldi bieten sich auch als geeignete Stücke an.

Wie wähle ich passende Stücke für die „Communio“ aus? Ich versuche dabei, dass das Spiel zur „Communio“, Danklied und Postludium in derselben Tonart stehen, weil sie ja unmittelbar aufeinander folgen. An erster Stelle suche ich zur Kommunion Variationen über Lieder, die im betreffenden Gottesdienst gesungen werden. Dabei weiche ich auch manchmal von dem Prinzip der gleichen Tonart ab, wenn diese textliche Verwandtschaft besteht. Variationsfolgen haben den Vorteil, dass die Einzelstücke kurz sind und ich zu dem Zeitpunkt aufhören kann, an dem der Kommuniongang zu Ende ist. An zweiter Stelle suche ich mit Vorliebe Stücke aus Magnifikat-Versetten vorzüglich aus dem französischen Barock, die je nach Länge der Kommunionausteilung beliebig zu kürzen sind. Für besondere Gelegenheiten – Stichwort „König“ bzw. „Weihnachten“ spiele ich gern besondere Stücke wie J. Stanley, Voluntary „Trumpet tune“ bzw. L.-Cl. Daquin, „Noel sur les flutes ». Weniger gern wähle ich « Communions » aus der französischen Romantik, weil ihr meditativer Charakter oft zu sehr ins banale tendiert. Dagegen sind langsame Sätze aus „weltlichen“ Stücken wie die Sonaten von C. Ph. E. Bach eher geeignet, „die Herzensfreude zu zeigen“. So wie die Kirche in früheren Zeiten die Kultur der Kirchenmusik gefördert hat, wird auf die Dauer die „geistliche Gemeinschaft der Kommunizierenden“ und die „brüderliche Verbundenheit beim Hinzutreten“ durch eine solche Musik gestärkt. Das entspricht auch den ersten drei Versen des Kommunionpsalms 34 (siehe oben!). Wenn „die Armen es hören sollen“, dann muss das die Orgel mit qualitätsvoller Musik übernehmen. Das funktioniert aber nicht so, wie es Günter Balders in seinem Lied mit dem Titel „Gott loben in der Stille“ (GL 399) propagiert. Im Gegenteil, für Gott ist nur das Beste gut genug!

Anton Stingl jun.

[i] Alle Zitate aus: Die Messfeier – Dokumentensammlung, Auswahl für die Praxis. 2015

Engel & Hirten

„Engel & Hirten“ versprach der Titel des Adventskonzert des Freiburger Barockorchesters im Dezember 2023 mit „Kantaten und Motetten von Johann Sebastian Bach und Michael Praetorius“, wobei es dem Programmverlauf nach eigentlich „Kantaten von Johann Sebastian Bach und eine Motette von Michael Praetorius“ hätte heißen müssen. Dennoch auf zur Engel- und Hirtensuche! In der Kantate Nun komm der Heiden Heiland BWV 61 zum 1. Adventssonntag findet sich erwartungsgemäß kein Ergebnis. Engel & Hirten sind im Advent noch nicht in Aktion. Der Text der Kantate Christen, ätzet diesen Tag BWV 63 zum 1. Weihnachtstag schlägt einen sehr streng liturgisch orientierten Ton an und vermeidet folkloristische Zutaten. Lediglich die „Gottheit“ darf „im Hirtenstall zu einem Kinde werden.“ Erst nach der Pause „freuet sich der Engel Schar“ in der Kantate Gelobet seist du, Jesu Christ BWV 91, in deren Duetto Nr. 5 es heißt: „Sein [= Gottes] menschlich Wesen machet euch / den Engels Herrlichkeiten gleich, / euch zu der Engel Chor zu setzen“. In der Motette von Michael Praetorius Angelus ad pastores ait dürfen endlich beide Darsteller auftreten: „Der Engel sprach zu den Hirten“. Was das himmlische Heer anschließend noch zu sagen hatte, war in der letzten Kantate Gloria in excelsis Deo BWV 91 zu hören: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens“ (Lk 2, 14). Im Programmheft fehlte in der Übersetzung der Zusatz „auf Erden“.

Wenn im ersten Durchgang nur Kleinigkeiten auffielen, so gab es bei den Erläuterungen der Dramaturgin und Musikjournalistin Konstanze Kaas zum Programm doch einiges zusagen. Wenn die Verfasserin bei dem Schlusschoral der Kantate Nun komm der Heiden Heiland, der aus dem letzten Teil der letzten Strophe von „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ besteht, den Begriff „Abgesang“ verwendet, hätte sie eigentlich zuerst erwähnen müssen, dass es sich bei der Choralstrophe um die Barform (Stollen-Stollen-Abgesang) handelt. Nicht jeder hat die Verslehre präsent.

In Christen, ätzet diesen Tag beklagt die Autorin, dass „weder Hirtenmusik, Weihnachtslieder, Engelschöre oder ein Wiegenlied“ vorkommen, wie bereits Alfred Dürr in: Die Kantaten von Johann Sebastian Bach 1971 bemerkte. Forschungen von Marc-Roderich Pfau in: Weimar-Halle-Leipzig … Händel-Jahrbuch 2021 legen nahe, dass an Weihnachten 1713 in Weimar zeitgleich der Geburtstag von Herzog Johann Ernst gefeiert wurde, was die ungewöhnlich große und festliche Besetzung der Kantate mit vier Trompeten und Pauken und den Mangel an „weihnachtlichen Charakteristika“ erklärt.

Bei Gelobet seist du, Jesu Christ nimmt die Autorin das „Fehlen der Trompeten“ zum Anlass einer wilden Spekulation. Angeblich wollte Bach die Trompeter wegen späterer anspruchsvollen Aufgaben in der Messe schonen. War es nicht eher der Charakter des Chorals im mittelalterlichen achten Ton mit abschließendem Kyrieleis am Anfang und Schluss der Kantate, der Bach zur Auswahl der weniger dominierenden Orchestergruppen wie Hörner, Oboen und Streicher bewog?

Bei Gloria in excelsis Deo ist für Kaas besonders „spannend an dieser Kantate, dass man nicht wirklich weiß, warum sie komponiert wurde“. Wahrscheinlich meint die Autorin „aus welchem Anlass“. Wie Dürr ist sie der Meinung, dass das Stück „keine Kantate im eigentlichen Sinne ist“. Nach Marks Ratey in: Bach-Jahrbuch 2023 wurde die Musik zur Umrahmung einer akademischen Rede bei einer Universitätsfeier am 1. Weihnachtsfeiertag 1742 in der Paulinerkirche Leipzig komponiert. Die Kantate nimmt Bezug auf den in der Festrede behandelten Abschnitt aus der Weihnachtsgeschichte. Gloria in excelsis Deo darf also trotz des lateinischen Textes, der Kürze und ihrer ungewöhnlichen Beziehung zu Weihnachten als „Kantate“ gelten.

Zur Erinnerung: Die Kantate bezeichnet in der Musik eine Formenfamilie von mehrsätzigen Werken für eine oder mehrere Gesangsstimmen und Instrumentalbegleitung. Rezitative, Arien, Ariosi, Chorsätze, Choräle und instrumentale Vor- und Zwischenspiele können sich in beliebiger Anzahl abwechseln.

Anton Stingl jun.

Macht hoch die Tür

Die Badische Zeitung Freiburg veröffentlichte am 16. Dezember 2023 auf der KULTUR-Seite unter dem reißerischen Titel „Ein Lied, das jeder singen, summen oder brummen kann“ einen Artikel über „Macht hoch die Tür“. Die BZ, bekannt durch ihren ziemlich weiten Kulturbegriff, umgab den Artikel auf dieser Seite mit einem Bericht über die Rolling-Stones-Legende Keith Richards, über das in Finanznot geratene Grimme-Institut, über südbadische Popfestivals, z.B. „Pinot And Rock“ in Breisach und über die Verfassungsbeschwerde von Radio Dreyeckland.

In den Erläuterungen zu dem Adventslied, die Alexander Lang für den Evangelischen Pressedienst schrieb, erwähnt der Autor, dass das Lied im Evangelischen Gesangbuch die Nr. 1 trägt und auch in das katholische „Gotteslob“ Einzug fand. An dieser Stelle muss ich als gebürtiger Freiburger eine Bemerkung hinzufügen. Das Lied wurde bereits initiiert durch die Singbewegung der 1920er Jahre in der katholischen Jugend gesungen. 1938 wurde es mit drei Strophen in das „Kirchenlied“, eine Auslese geistlicher Lieder, aufgenommen, die der Christophorus-Verlag Freiburg herausgab.

Im „Magnifikat“, dem Gebet- und Gesangbuch für die Erzdiözese Freiburg, wurde das Lied 1960 in dieser Form abgedruckt. Zusammen mit weiteren 90 Liedern aus dem „Kirchenlied“ wurde es dann 1975 mit allen fünf Strophen in das „Gotteslob“ übernommen. Seit der Neuauflage 2013 eröffnet es wie im Evangelischen Gesangbuch den Reigen der Adventslieder.

Anton Stingl jun.

Die Badische Zeitung Freiburg druckte am 2. Januar 2023 den folgenden Leserbrief ab:

Ach bleib mit deiner Gnade

Dieser Tage starb ein mir gut bekannter Pfarrer, der seinen Dienst und auch die damit verbundene Orgelmusik liebte. Im Hinblick auf seinen absehbaren Tod legte er vorher genau fest, welche Gebete, Lesungen, Gesänge und Orgelstücke bei seinem Begräbnisgottesdienst verwendet werden sollten. Eines der von ihm ausgesuchten Lieder „Ach bleib mit deiner Gnade“ (GL 436) war für mich eine Überraschung, weil mir dieses Lied noch nie begegnet war, obwohl es im Gotteslob am Anfang der Verzeichnisse der Gesänge steht. Der Grund für dieses Manko wurde mir schnell klar. Das Lied ist von Hause aus in der evangelischen Kirche verwurzelt (EG 347). Sein Text stammt von Josua Stegmann (1627), der als Professor für Theologie an der Universität von Rinteln lehrte. Wenn man von dem Vorabdruck des Gebet- und Gesangbuchs „Gotteslob“, Innsbruck 1941, absieht, ist das Lied in Gotteslob 2013 erstmalig im katholischen Bereich veröffentlicht worden. Seine Melodie allerdings kannten die Katholiken bereits seit dem 19. Jahrhundert von dem Lied „Beim letzten Abendmahle“ (GL 282). Beide Lieder werden auf die Melodie von „Christus, der ist mein Leben“ (EG 516, GL 507) gesungen, die der Kirchenliedkomponist Melchior Vulpius 1609 verfasste. Dieses Lied findet sich bereits in Gotteslob 1975.

Ein evangelisches Lied im katholischen Gottesdienst? Die Antwort gibt das Buch „Lieder des Gotteslob“ mit dem Titel Ein Sieg der Ökumene. Dort wird durch Verweise auf die Hl. Schrift (Lutherübersetzung) gezeigt, wie das Lied die Grundlagen des lutherischen Bekenntnisses benennt.

  • Ach bleib mit deiner Gnade / deinem Worte / Glanze / Segen / deiner Treue -> „Bleib bei uns Herr, denn es will Abend werden“ (Emmaus-Geschichte; Lk 24,29).
  • Jesus Christus wird als Erlöser, Licht, Herr, Gott angesprochen.
  • Des bösen Feindes List -> „Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels“ (Eph 6,11).
  • Du wertes Licht; dein Wahrheit -> „Sende dein Licht und deine Wahrheit“ (Ps 43,3).
  • Segen – reichlich -> „Der Segen des Herrn allein macht reich“ (Spr 10,22).
  • Mein Herr und Gott -> „Mein Herr und mein Gott!“ (Ungläubiger Thomas; Joh 20,28).

Die ursprüngliche fünfte Strophe
Ach bleib mit deinem Schutze / bei uns, du starker Held,
dass uns der Feind nicht trutze / noch fäll die böse Welt.
wurde auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut gestrichen.

Im Evangelischen Gesangbuch steht das Lied mit 18 anderen Liedern im Abschnitt Rechtfertigung und Zuversicht (Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; 2 Kor 5,17). Im Gotteslob eröffnet das Lied den Abschnitt Bitte und Klage mit vier weiteren Liedern.

Dem Wunsch des Verstorbenen folgend ging dem Lied der dritte Satz Prière à Notre Dame“ (Gebet zu unsrer lieben Frau) aus Léon Boëllmanns Suite gothique voraus. Als Postludium erklang „Grand Chœur“ (Großer Chor) von Théodore Salomé aus Dix Pièces.

Amton Stingl jun.

John Rutter: A Requiem for Our Time

Die Aufführung gestern Abend in der Gemeinde Hl. Dreifaltigkeit mit Solosopran, Chor und einem minimalen Instrumentalensemble (Klavier, Violoncello und Pauken) war der Anlass über die Formulierung „Requiem for our time“ nachzudenken. Wenn Rutter ein Requiem für unsre Zeit entwirft, muss es in früheren Zeiten andere Entwürfe gegeben haben.

Der namensgebende Introitus „Requiem aeternam“ tritt zum ersten Mal im späten 10. Jahrhundert in einzelnen St. Galler Handschriften auf und steht dabei noch in Konkurrenz zu entsprechenden anderen Gesängen. Erst im 12. Jahrhundert hat sich die heute gebräuchliche Auswahl der Gesänge allgemein durchgesetzt. Im 14. Jahrhundert kommt noch die Sequenz „Dies irae, dies illa“ hinzu. Diese Form dient den Komponisten bis ins 19. Jahrhundert als Textvorlage. In Frankreich gab es noch eine Besonderheit. In Messen für Verstorbene wurde während der Wandlung „Pie Iesu Domine“ (Frommer Herr Jesu), der letzte Vers der Sequenz, vorgetragen. Sowohl die Sequenz als auch der Vers zur Wandlung wurden vom zweiten Vatikanischen Konzil ersatzlos gestrichen.

Rutter hat sich bei seiner Textauswahl am Ablauf des Requiems im 12. Jahrhundert orientiert. An Gesängen zum Proprium (Eigentexte) finden sich Introitus „Requiem“ und Communio „Lux aeterna“. Der lateinische Text des Graduale „De Profundis“ mit einer Auswahl von Versen aus Psalm 130 wurde durch den vollständigen englischsprachigen Psalmtext „Out of the deep“ (Aus der Tief) ersetzt. Das Offertorium „Domine Iesu Christe“ fehlt, stattdessen erinnert Rutter mit dem Solo-Sopran bei „Pie Iesu Domine“ an die Vertonungen des Requiems französischer Komponisten im 19. Jahrhundert. Im Ordinarium (Messgesänge) sind wie gewohnt Kyrie und Sanctus mit Benedictus zu hören. Zum „Agnus Dei“ erklingen eine Art englischsprachiger Tropen aus einem Book of Common Prayer von 1662. Tropen als Zusätze zu den kirchlichen Gesängen gibt es bereits seit dem 10. Jahrhundert. Aus demselben Buch wie oben erhält die Communio „Lux aeterna“ eine tropenartige Einleitung aus der Offenbarung (14,13). Zunächst also nicht viel Neues unter der Sonne!

Nachdem erwartungsgemäß alle bisher erwähnten Texte vom Tod handeln, überlegte sich vermutlich Rutter, dass er für die Hinterbliebenen noch einen Text einfügen müsse. Und so wählte er als vorletzte Nummer den englischsprachigen Psalm 23 „The Lord is my shepherd“ (Der Herr ist mein Hirt), der auch im Judaismus mit Vorliebe bei Beerdigungen gesprochen wird. Die Vertonung des ersten und letzten Verses verwendet jeweils pentatonische Motive, die einen Schwebezustand erzeugen und im beruhigenden C-Dur enden. Auch die übrigen Sätze außer Out of the deep und Agnus Dei basieren auf einer Dur-Tonart. Der Hang zur Einfachheit durchzieht das ganz Werk. Im Introitus wird das Motiv zu „Requiem aeternam“ unmittelbar beim nachfolgenden „dona eis, Domine“ und später auch bei „Kyrie eleison“ viele Male wiederholt. Wenn im letzten Satz derselbe Text wieder auftaucht, hört man auch das Motiv wieder. Im Gregorianischen Choral wird diese Praxis mit der Formel „mêmes textes – mêmes mélodies“ (dieselben Texte – dieselben Melodien) bezeichnet. Im Agnus Dei zitiert die Flöte zwischen dem dritten „Agnus“ und dem Tropus eine Melodie aus dem Gregorianischen Choral, nämlich den Anfang der Ostersequenz „Victimae paschali laudes immolent Christiani. Agnus redemit oves“ (Dem österlichen Opfertier mögen Lob opfern die Christen. Das Lamm kaufte los die Schafe). Die Bilder vom „Lamm Gottes“ werden für den, der Ohren hat zu hören, einfach verknüpft. Bei „Benedictus“ scheint der Komponist Probleme mit der lateinischen Betonung zu haben. Richtig ist Benedíctus, bei Rutter hört man Bénedictus mit besonderer Hervorhebung der immer unbetonten letzten Silbe. Wenn eine Chorsängerin nach der Aufführung meinte, manche Stelle klinge für sie etwas scharf, dann liegt das an der zu scharfen Würze der wie in Jazz und Pop üblichen erweiterten Harmonik.

Etwas befremdlich wirken die Herbstblätter auf dem Titelblatt des Abendprogramms, deren Motiv von der Chorpartitur des Requiems von Rutter stammen. Wie in vielen heutigen Todesanzeigen fehlt hier das Kreuz, das Symbol des christlichen Glaubens. Vielleicht ist das ein Zeichen dafür, dass die Komposition nicht für ein Begräbnis, sondern für einen interessanten Konzertabend komponiert wurde.

Anton Stingl jun.

Alte Musik, gelesen von KI

Unter diesem Titel wurde in der zweiten Oktoberwoche 2023 in verschiedenen Tageszeitungen ein Artikel veröffentlicht, in dem der weitgereiste Reporter Stefan Brändle über eine Aufräumaktion im Kloster Solesmes im Département Sarthe in der Region Pays de la Loire berichtete. Dieses Kloster hat eine überragende Bedeutung bei der Wiederbelebung des Gregorianischen Chorals im 19. Jahrhundert. Der dortige Aufenthalt scheint für den Reporter die erste Begegnung mit diesem Gesang zu sein, denn er tut sich mit dem Gebrauch der richtigen Fachbegriffe noch schwer. Gleich der erste zitierte Gesang der Benediktiner „Dirigatur Domine oratio mea“ ist keine Hymne oder ein Responsorium. Vermutlich trifft letzteres zu, denn es ist „später Nachmittag, Vespernzeit“. Aua! Es müsste Vesperzeit heißen, denn das Wort hat nichts mit vespern zu tun, sondern mit der Tageszeit. Lateinisch „vesper“ bedeutet „Abend“. Die Benediktiner in Solesmes sind keine Sekte, die einen „monoton-betörenden Gregorianergesang“ pflegen, sondern sie singen den Gregorianischen Choral, der nach dem großen Papst Gregor I. benannt ist. Das Wort Choral existiert im Zusammenhang mit Gregorianik nur in der Einzahl, im Singular, und nicht im Plural wie im „Schatz aus Psalmen, Hymen (!) und Chorälen des frühen Mittelalters“. Der erwähnte „Gregorianik-Pop“ hat mit echter Gregorianik nichts zu tun.

Auch wenn man einen längeren Blick auf die 400 000 Fotonegative von mittelalterlichen Handschriften wirft, kann man dort keine gregorianische Liturgie entdecken. Liturgien werden nach Orten wie Rom oder Mailand oder nach Ländern fränkisch, gallisch oder mozarabisch benannt. Auch „Neumensammlung“ ist kein korrekter Begriff. Neumen kann man nicht sammeln, Handschriften mit Neumen dagegen schon. Neumen sind schlicht die Winke des Kantors, die Melodie und Rhythmus zeigen. Er hat sie tatsächlich „nur zum Eigengebrauch notiert“, weil seine Sänger ja „par cœur“ sangen. Die Verengung auf exakte Tonhöhen durch die Notenlinien ab dem Jahr 1000 leitete den Niedergang des Gregorianischen Chorals ein.

Um die Bibliothek von Solesmes zu digitalisieren braucht es keine KI. Auch für Restitution eines Gesangs genügt die Existenz von adiastematischen (mit Neumen) und diastematischen (mit Linien) Handschriften, was Solesmes mit seinem „Liber gradualis“ bereits 1883 eindrucksvoll bewiesen hat. KI wäre für „verschollene Gesänge“ interessant, die nicht in diastematischen Handschriften überliefert sind. Das sind an erster Stelle die Gesänge des mozarabischen Ritus, die durch das Verbot von Papst Gregor VII. im Jahr 1074 nicht mehr in diastematische Handschriften übertragen werden konnten. In zweiter Linie Gesänge, die anderswo den Sprung zur Liniennotation nicht mehr schafften.

Anton Stingl jun.

Link: https://www.fr.de/kultur/musik/gregorianische-gesaenge-wiederentdeckt-alte-musik-gelesen-von-ki-92573856.html

Bleib bei mir, Herr („Abide with me“)

Der englische Dichter Henry Francis Lyte schrieb drei Wochen vor seinem Tod die Hymne „Abide with me“, die ursprünglich acht Strophen umfasste. Der Text nimmt in der ersten Strophe Bezug auf die Emmaus-Jünger in Lukas 24, 29: „Bleibe bei uns; denn es wird Abend, der Tag hat sich schon geneigt“. In der vorletzten Strophe wird „Tod wo ist dein Sieg? Tod wo ist dein Stachel“ aus dem 1. Korintherbrief 15, 55 zitiert. Mit der Melodie des Kirchenmusikers William Henry Monk, der zur anglo-katholischen Oxford-Bewegung gehörte und die Hymne mit fünf Strophen veröffentlichte, ist das Lied heute jedem Briten als Abend- oder Sterbelied bekannt. Man hört es bei Begräbnissen, Hochzeiten, militärischen Gedenkfeiern und Sportereignissen.

Die Kings-Singers präsentieren hier die erste, zweite und fünfte Strophe. Warum ist diese Hymnen-Melodie so bekannt geworden?

Der Text mit dem Metrum des fünfhebigen Jambus ist in vier Zeilen zu je 10 Silben gegliedert. Die Melodie der ersten drei Zeilen verläuft jeweils in demselben Rhythmus. In der letzten Zeile ist der Rhythmus des zweiten und dritten Taktes vertauscht, um dem abide with me am Ende mehr Ruhe zu geben. Auch die Halben auf den unbetonte Silben abide, fast falls, the darkness, when other und help of tragen zu dieser Ruhe bei. Die Zeilen 1 und 3 zeigen mit ihren abwärtsgehenden Motiven fast denselben Verlauf mit dem Unterschied, dass die 1. Zeile auf der 3. Stufe endet, die 3. Zeile aber ab dem dritten Takt einen Ton tiefer verläuft. Die 2. Zeile verwendet aufsteigende Motive, mit denen sie zur 5. Stufe hinaufsteigt, in der 4. Zeile dominieren die absteigenden Motive, weil die Melodie schließlich zum Grundton hinabsteigt.

Die Melodie wird kongenial von einem vierstimmigen Satz gestützt. Erste und letzte Zeile enden mit einem Durdreiklang auf dem Grundton Es. Die zweite Zeile moduliert zum zweitwichtigsten Akkord, einem Durdreiklang auf B. In der dritten Zeile wird zum Melodieton f der zugehörigen Mollakkord gesetzt. Dem folgt zu Beginn der letzten Zeile ein spannungsgeladener Sekundakkord, von dem aus der Bass in aller Ruhe eine Oktave in die Tiefe steigt. Man beachte auch den Bass in der 1. Zeile, wie er nach dem Trugschluss von Takt 1 zu Takt 2 vom tiefen G zum Grundton Es die Tonleiter hinaufklettert. Und noch ein Hinweis: Der Anfang der dritten Zeile ist keine reine Wiederholung, sondern die Viertel-Bewegungen im Tenor künden an, dass es anschließend anders weitergeht. Ein Schwabe würde sagen, Monk hat mit „Eventide“ alles richtig gemacht. Für die anderen ist die Hymne ein echter „Hit“.

Es konnte daher nicht ausbleiben, dass „Eventide“ auch in Deutschland bekannt wurde. 1952 übertrug der evangelische Pfarrer Theodor Werner den Text ins Deutsche, der 1996 im Evangelischen Gesangbuch (488) mit der unveränderten Melodie von Monk veröffentlicht wurde. Im Gotteslob 2013 wurde die Melodie mit zwei unterschiedlichen Texten abgedruckt. Unter der Nr. 325 „Bleibe bei uns, du Wandrer durch die Zeit“ findet sich das Lied mit unveränderter Melodie und dem Text vom evangelischen, später katholischen Pfarrer Peter Gerloff, der einen besonderen Akzent auf die Emmaus-Jünger setzt. In Nr. 94 „Bleib bei uns, Herr“ waren zwei Pfarrer am Text beteiligt: Franz-Josef Rahe und Paul Ringseisen. Beide kamen mit den vorgegebenen 10 Silben in jeder Zeile nicht zurecht. Ein Beispiel: Statt der wörtlichen Übersetzung „Bleibe bei mir, schnell kommt die Abendzeit“ mit zehn Silben wird für „Bleib bei uns, Herr, die Sonne geht nieder“ eine Silbe mehr gebraucht. Da man den Chorsatz von Monk nach anglikanischer Tradition im Gesangbuch abdrucken wollte, musste der letzte Ton der Zeile samt Akkord wiederholt werden. Viel musikalischer wäre gewesen, wenn man den vorherigen Ton als Vorhalt wiederholt hätte. Dann hätte aber jeder sofort gemerkt, dass am Original herumgepfuscht wurde.

Siehe auch https://kukikblog.wordpress.de/2013/09/01/choral-am-ende-der-reise/

Anton Stingl jun.